Bedeutung von Vitamin K2 

Ab der zweiten Lebenshälfte machen sich im menschlichen Körper nach und nach die Spuren des Alterungsprozesses bemerkbar und viele Krankheitsbilder, die sich bisher schleichend und oftmals unbemerkt angebahnt haben, treten bei Personen über fünfzig Jahren vermehrt in Erscheinung.

Vor allem Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sowie der Knochen und Gelenke gehören zu den häufigsten Gründen für einen Besuch in der Arztpraxis.  

Osteoporose und Arteriosklerose 

Die Osteoporose entsteht als Resultat aus dem Missverhältnis zwischen Knochenaufbau durch Osteoblasten und Knochenabbau durch Osteoklasten. Während in jüngeren Jahren das Verhältnis zwischen Osteoblasten und -klasten ausgeglichen ist, kommt es im Alter zu einer Dysbalance und der Anteil der Osteoklasten überwiegt.

Dadurch wird vermehrt Knochenmasse abgebaut und durch die zunehmende Porosität der Knochen steigt das Risiko für eine Fraktur. Zwar sind vom altersbedingten Knochenabbau alle Menschen betroffen, doch 80 % aller Osteoporose-Patienten sind Frauen nach der Menopause.

Östrogene besitzen viele positive Eigenschaften im Bezug auf Knochengesundheit, zum Beispiel schränken sie die Wirkung der Osteoklasten ein, fördern die Absorption von Calcium im Magen-Darm-Trakt und stimulieren die Ausschüttung von Calcitonin, das zusätzlich hemmend auf die Osteoklasten-Aktivität wirkt und die Einlagerung von Calcium in die Knochen fördert. 

Der Östrogenentzug, der mit Beginn der Menopause eingehergeht, führt demnach zum Verlust dieser protektiven Eigenschaften und das Risiko für Osteoporose steigt drastisch an. Letztlich erhöht sich bei allen Menschen mit zunehmendem Alter die Gefahr für Stürze und Brüche aufgrund poröser Knochen, weswegen es umso wichtiger ist, so früh wie möglich präventive Maßnahmen zu ergreifen.  

Selbiges gilt für das Krankheitsbild der Arteriosklerose, welches durch krankhafte Einlagerungen von Fetten und Calciumsalzen in arterielle Blutgefäße gekennzeichnet ist.

Unter dem Einfluss eines entsprechenden Lebensstils können sich diese Einlagerungen mit der Zeit zu dicken atherosklerotischen Plaques entwickeln, die zur Verengung des Gefäßes führen und dadurch gesundheitliche Probleme nach sich ziehen können.

Dazu gehört unter anderem eine verschlechterte Sauerstoffversorgung des betroffenen Organs sowie Herzinfarkt und Schlaganfälle, wenn durch Reißen von Plaques Blutgerinnsel entstehen. 

Die Auslöser für Arteriosklerose sind vielfältig: erhöhtes Lebensalter, erhöhtes LDL-Cholesterin und erniedrigtes HDL-Cholesterin, Diabetes mellitus, ein ungesunder Lebensstil sowie energie- und fettreiche Ernährungsweisen tragen zur Entstehung arteriosklerotischer Plaques bei.

Zudem treten verstärkt Kalkablagerungen in den Gefäßen auf, wenn entsprechende inhibitorische Regulatoren fehlen wie beispielsweise Fetuin-A, Vitamin D und K sowie das Matrix-Gla-Protein (MGP).  

Bedeutung von Vitamin K 

In den letzten Jahren konnten nach und nach die Zusammenhänge zwischen beiden Krankheitsbildern beleuchtet werden. 

Eine zentrale Rolle spielt hierbei Vitamin K, dem zu Beginn nur eine regulatorische Wirkung bei der Blutgerinnung (Koagulation) zugeschrieben wurde. 

Mittlerweile ist bekannt, dass Vitamin K als Cofaktor für die Carboxylierung (Einbringung einer COOH-Gruppe) bestimmter Strukturelemente von Vitamin K-abhängigen Proteinen ist.

Die daraus resultierenden Carboxyglutaminsäure (Gla-)-Verbindungen können nun Calcium-Ionen binden, was die Grundlage für ihre Funktion ist.

Vitamin K-abhängige Proteine finden sich in Reaktionswegen der Blutgerinnung, des Calciumstoffwechsels sowie im Zellstoffwechsel.  

Im Bezug auf Knochen und Gefäße sind zwei wichtige Vertreter der Vitamin K-abhängigen Gla-Proteine zu nennen, nämlich Osteocalcin (BGP = bone-Gla-protein) und Matrix-Gla-Protein (MGP).

Über eine Vitamin K-vermittelte Carboxylierung bei ausreichender Vitamin K-Versorgung erfahren diese Proteine eine Aktivierung und können nun Calcium-Ionen binden.

Im Knochengewebe kann Calcium-gebundenes BGP durch Osteoblasten in die Knochensubstanz eingebaut werden. Bei gleichzeitiger guter Vitamin D-Versorgung ist zudem vermehrt carboxyliertes BGP vorhanden, sodass der Knochen weiter gefestigt werden kann. 

Herrscht dagegen ein Mangel an Vitamin K, findet sich vermehrt uncarboxyliertes BGP, das einen Risikofaktor für Hüftgelenkfrakturen darstellt.

Aktiviertes MGP bindet ebenfalls Calcium und wirkt dadurch einer Verkalkung der Blutgefäße entgegen.   

Eigenschaften von Vitamin K 

Vitamin K ist keine einzelne Substanz, sondern bezeichnet eine kleine Gruppe von strukturell sehr ähnlichen Derivaten, deren Gemeinsamkeit ein bestimmtes chemisches Grundgerüst ist.

Die physiologisch relevanten Strukturen sind Vitamin K1 (auch Phylloquinon, in grünen Pflanzen) und Vitamin K2 (Menaquinon, bakterielle Synthese). Innerhalb der Vitamin K2-Gruppe wird zwischen Menaquinon-4 (MK-4) und Menaquinon-7 (MK-7) unterschieden, wobei MK-7 gegenüber Vitamin K1 und MK-4 die höhere Effektivität besitzt (u. a. längere Halbwertszeit, Stabilität, effizientere Carboxylierung, bessere orale Bioverfügbarkeit). 

Die EFSA hat den Tagesbedarf von Vitamin K1 und K2 für Erwachsene bei 70 µg angesetzt, für Vitamin K2 allein sind etwa 40 µg täglich ausreichend.  

Vitamin K1 findet sich unter anderem in Grünkohl, Rosenkohl, Brokkoli und Spinat, aber auch in geringeren Mengen in tierischen Nahrungsmitteln wie Leber und Eier.

Umgekehrt sind Menaquinone vor allem in tierischen Nahrungsmitteln sowie bakteriell fermentierten Lebensmitteln zu finden (z. B. Rinderleber, Joghurt, japanisches Natto, Sauerkraut).  

Wichtiger Hinweis 

Die gute Bioverfügbarkeit von MK-7 erhöht das Risiko für pharmakodynamische Interaktionen mit Vitamin K-Antagonisten wie beispielsweise Marcumar.

Ab einer Supplementation von mehr als 50 µg Vitamin K2 pro Tag wird der INR-Wertes gesenkt und die Marcumar Dosis muss angepasst  werden. Dies sollte bei der Behebung eines Vitamin K2-Mangels beachtet werden.